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Exalted-Chronik

The Price of a Soul - Teil 2

#9: Exkurs in die Weltgeschichte
#10: Der Weg nach Nine Stones
#11: Die Stadt der Toten
#12: Tod und Spiele
#13: Rückkehr zum Tigerberg


#9. Exkurs in die Weltgeschichte

gespielt im September 2003

Ort:

Tigerberg

Zeit:

Wood Ascending (7. Monat, Frühling)

Rückkehr zum Tigerberg

Es war bereits im nächsten Monat zum Vollmond, als wir auf unserem Rückzug von der Blauwasserfeste endlich wieder in Sichtweite des Tigerbergs kamen. Die letzten drei Tagesreisen verbrachten wir voller Ungeduld und Fragen, ob die Hexe ihr Versprechen halten würde, und was wir wohl so alles über die Zusammenhänge in Bezug auf unsere Vergangenheit erfahren würden, und was wir neu lernen könnten für unsere magischen Fähigkeiten. Aber wie schon beim ersten Mal, als wir des Tigerbergs ansichtig wurden, hatten wir ein erneutes gemeinsames Traumerlebnis aus unserer Vergangenheit in der Nacht:
Es war Herbst, wir ritten zu viert (wo war der fünfte aus der vorigen Vision geblieben?) auf eine Bergkette zu, in der drängenden Gewißheit, zu spät zu kommen. Die Schlacht hatte bereits begonnen, man hörte Explosionen, Schreie und sah die Rauchwolken. Das ganze ereignete sich etwa 5 Tagesreisen von dem Ort, an dem wir damals zuvor gefangen gewesen waren. Unsere Stimmung war frustriert und von der eher sturen Hoffnung getragen, doch noch so rechtzeitig anzukommen, daß man noch etwas tun konnte, um den Ausgang der Schlacht zu beeinflussen. Aber hier endete die Traumvision schon wieder, sodaß wir nichts über den letztlichen Ausgang der Schlacht erfuhren oder unsere Rolle darin.
Vor dem Tigerberg angekommen, entdeckten wir Spuren von beschlagenen Pferden und allerlei Tieren: Wölfe, Bären, Raubkatzen - als hätte die Hexe begonnen, ihre Verbündeten zusammenzuziehen. War Leedal oder der verbundene Ärger etwa doch eher angekommen als wir?

Wir näherten uns daher mit der gebührenden Vorsicht und fanden diesmal einen unübersehbaren breiten Höhleneingang, der zu einer Pferdekoppel führte, in der schon andere ihre Tiere eingestellt hatten. Wir taten das gleiche und ich schickte Fleckenfell schon mal voraus, uns anzukündigen, während wir unsere Kleidung notdürftig entstaubten und zurechtrückten, um präsentabler zu erscheinen. Auf der Treppe nach oben begegnete uns dann der Majordomus von Indis und geleitete uns erstmal in eine Suite mit vier Zimmern, die sich etwa in der rechten hinteren Flanke des Tigerbergs befand, und sogar einen Balkon nach draußen hatte. Wie hatten wir diese Dinge beim ersten Besuch übersehen können, als wir auf dem Berg herum gestiegen waren? Es mußte wohl ebenfalls eine Art Magie sein... Der Majordomus entschuldigte seine Herrin, die Hexe würde erst am nächsten Morgen für uns Zeit finden können. Entsprechend richteten wir uns ein, badeten, tafelten, tranken, feierten den glücklichen Ausgang und fielen dann in die wunderbar weichen Betten. Ich schlief tief und fest, warm und zufrieden, zum ersten Mal wieder mit einem relativen Gefühl von Sicherheit.

Audienz bei Indis

Am anderen Morgen erwachte ich von Fleckenfells Gewicht auf meinem Bauch. 25 Kilo schnurrendes warmes Fell sind zwar schön, aber verursachen auch Magendrücken... also schob ich ihn herunter. Er schaute zwar leicht beleidigt, begann dann aber sich zu recken und zu putzen. Im Ankleideraum traf ich Bayantu bei der Anbetung einer Tasse Kräutertee - wohl gegen die Auswirkungen des gestrigen Bierkonsums... Jalna brauchte wieder ewig vor dem Spiegel, um sich mit den neuen frischen Sachen, die man uns bereit gelegt hatte, präsentabel zu machen, während ich dankbar in meine über Nacht gereinigte Ausrüstung schlüpfte. Den Stab steckte ich in die Jackentasche und so holte uns der Majordomus schließlich nach dem ausgiebigen Frühstück zur Audienz bei Indis ab. Wir kamen wieder in das gleiche Wohnzimmer wie beim letzten Mal. Indis trug diesmal Handschuhe und sah etwas übernächtigt aus. Wir erfuhren, daß ihre derzeitigen Gäste zu ihrer Verwandtschaft zählten und uns die Gerüchte über die erfolgreiche Beschaffung des Stabes schon vorausgeeilt waren. Indis gab zu, daß sie noch nicht wußte, wie man die Präsenz/Persönlichkeit/Seele aus dem Stab wieder freisetzen könnte. Es entspann sich eine interessante Diskussion über die Möglichkeiten. Die gefangene Seele betrachtete den Stab nämlich inzwischen als ihre sterbliche Hülle und würde diese freiwillig natürlich nur schwer wieder aufgeben (das kam ja einem Tod gleich). Andererseits wäre das ihre einzige Chance auf Reinkarnation in einen humanoiden Körper. Den Stab zu zerbrechen, erwies sich als schwerer als erwartet - Bayantu und Jalna versuchten dieses vergeblich.

Die Übergabe

Ich ließ mir den Stab ebenfalls noch einmal geben. Da ich bereits einmal Kontakt zu dieser Seele gehabt hatte (in der Schatzkammer des Zauberers), wagte ich noch einmal den Versuch und redete erklärend auf den Stab ein. Ich kam mir ein bißchen komisch dabei vor, aber es gab da irgendeine Verbindung zwischen uns. Und richtig: als meine Konzentration langsam in eine Art meditative Trance überging, hatte ich eine zwiespältige, beunruhigende Vision, die mich schließlich zurückzucken ließ - der Stab glitt mir aus den Händen und fiel, nun nicht mehr golden schimmernd, sondern wie mit silbernem Mondlicht überzogen, zu Boden. Doch diese Veränderung war nur kurz zu bemerken. Indis zog irgendwie überrascht die Augenbrauen hoch, als sie den Stab aufhob und auch die anderen waren neugierig, wollten wissen, was passiert war. Aber noch war ich nicht bereit, darüber zu reden. Das musste ich erstmal verdauen und versuchen, zu verstehen, zu begreifen... es war zu beunruhigend.

Ich bat Indis, mich zu verständigen, wenn sie die Seele befreit hätte und bot ihr außerdem Hilfe an (was vielleicht vermessen war, aber ich konnte nicht anders) - die sie jedoch ausschlug. Ich wies auf meine merkwürdige Verbindung zu dieser Seele hin und wollte mehr darüber erfahren, doch Indis gab sich kryptisch und meinte, es sei vielleicht besser, nicht zuviel über die persönliche Vergangenheit zu erfahren und es könnte ihre Arbeit eher erschweren.

Die Geschichte der Zeitalter

[Bitte an Inge: magst du vielleicht schriftlich niederlegen, was sie uns dazu erzählt hat? Ich konnte mir gar nicht so recht alles merken und verstehen..., war schon ein wenig müde und noch mit meinem Staberlebnis beschäftigt...]
[Inge: Hiermit gemacht ;-)]

Indis liess sich aber zumindest bewegen uns einen Abriss über die Geschichte der Welt seit Anbeginn der Welt, soweit sie sie kannte, zu erzählen.
Bevor es die Zeit gab, erschufen die älteren Götter die Welt aus dem Chaos, um einen Ort für ihre Spiele zu haben. Aber ihr Spielzeug rebellierte gegen sie, und manche der älteren Götter schlugen sich auf die Seite der Rebellen. Ein langer Kampf entbrannte zwischen den älteren Göttern und den Rebellen, die die Mächte der Erde und des Himmels waren.

Die rebellischen Mächte erwählten sich die Größten unter den sterblichen Menschen, damit sie ihnen beim Kampf um die Welt beistanden, und so gab es die Erwählten der Sonne, des Mondes, und der Erde.

Die Macht der Erwählten der Sonne war wie das Gleißen des Mittags, und sie waren die größten Helden, Krieger, Priester und Könige, die je unter dem Himmel wandelten. Selbt die älteren Götter fürchteten ihre Macht.

Die Erwählten des stets wechselnden Mondes saßen zu ihrer Linken, als Berater und Kundschafter und Gefährten, und die Erwählten der Erde waren ihre Armeen. Die Erde besteht nun, wie ihr wißt, aus fünf Elementen, und die Macht der Erde nahm Gestalt an in fünf elementaren Drachen. Deswegen heißen die Erwählen der Erde die Drachenblütigen. Von allen Erwählten ist nur ihre Macht gering genug, um entlang ihrer Blutlinien weitervererbt zu werden.

Zusammen besiegten sie die älteren Götter und warfen sie in die ewige Finsternis hinab, und begannen, die Welt so zu ordenen, daß die Menschen darin leben konnten. Und so begann das erste Zeitalter der Menschen.

Aber im Laufe der langen Jahre des Friedens wuchs die Unzufriedenheit der Drachenblütigen, die sich nicht damit abfinden wollten, die Geringsten der Erwählten zu sein, und so begingen sie Verrat an ihren Herren, die sie im offenen Kampf nicht hatten besiegen können, und erschlugen jeden der Erwählten der Sonne, dessen sie habhaft werden konnten.

So begann das zweite Zeitalter, mit Verrat und Mord und einer Seuche, die neun aus zehn Menschen tötete. Ohne die Menschen, die den Dingen der Welt Namen gaben und damit Ordnung schufen, kroch das Chaos durch Risse in die Welt zurück -- man sagt, daß Chaos ist am Rande der Welt, aber der Rand der Welt ist überall -- und so viele Menschen starben und so wenige wurden geboren, daß viele der Seelen nicht wiedergeboren werden konnten und in den Ruinen wandelten, oder sich unter die Lebenden mischten, und so entstanden weitere Risse in der Welt, durch die die Unterwelt emporquoll.

Die Welt wäre wohl in Stücke gebrochen, hätte nicht eine drachenblütige Hexe einen Weg gefunden, sich die Zaubereien des Ersten Zeitalters zu Diensten zu machen und das Chaos zurückzudrängen. Sie machte sich zur Kaiserin und herrschte achthundert Jahre lang -- über ein vermindertes Reich, aber sie herrschte, mit Feuer und Schwert, mit Hexerei und Bürokratie, mit Furcht und Intrige und einer Horde von ehrgeizigen Nachkommen. Aber der Fluch der bösen Tat verfolgt alle Drachen bis heute: In ihren Alpträumen wissen sie, daß jene, die sie verrieten, einst zurückkehren würden, um Rache zu nehmen. Deswegen verfolgen sie heute noch die Erwählten des Himmels, und es ist ihnen nicht genug, sie zu töten: Sie wollen die Gaben der Götter aus der Welt verschwinden lassen, deswegen lernten sie, die Seelen der Erwählten, die sie fingen, zu zerstören oder, wo ihnen das nicht gelang, sie in Gegenstände zu binden -- wie es mit Symos geschah. Ein Glück, daß Ledaal nie wußte, was er in der Hand hatte! Sie haben Mittel, zu erkennen, wo Erwählte erwachen, und versuchen, sie zu erschlagen ehe sie zu voller Macht gelangen. Eine unerfreuliche Geschichte.

Aber nun, nach achthundert Jahren, und vor fünfen, ist die Kaiserin gestorben, oder verschwunden, jedenfalls ist das Reich ohne Zentrum, der Palast verwaist, und die Drachen sammeln sich: nicht, um gegen das Chaos zu kämpfen, sondern weil sie um den leeren Thron herumschleichen wollen wie Aasfresser um einen Kadaver und zusehen, daß er, wenn schon nicht ihnen, so doch zumindest nicht ihren Rivalen zufällt, während das Chaos an den Grundfesten der Welt nagt.

Ausbildung

Jedenfalls ergibt sich aus diesem Bild, daß es erst seit fünf Jahren überhaupt für wiedererwachte Erwählte die Chance auf Überleben gibt. Es ist unbekannt, wieviele es noch gibt und wo. Man könnte sich auf die Suche nach ihnen machen. Indis versprach uns, sollte sie Kontakt erhalten und die betreffenden Erwählten Kontakt zu anderen wie uns suchen, so wird sie diesen vermitteln.
Man könnte auch an die Ränder der Welt gehen, um sich weitestmöglich vor dem Zugriff der Drachen zu schützen und gleichzeitig vielleicht die Mächte des erstarkenden Chaos dort bekämpfen, um mehr Erfahrungen mit unseren Gaben zu sammeln, uns weiter auszubilden.
Man könnte die Drachen vom Untergrund aus wie eine Partisanentruppe bekämpfen.

Uns standen nun relativ viele Wege offen. Doch zuerst hatten wir noch die Möglichkeit für einige Wochen hier Aufenthalt zu nehmen, zu lernen und zu üben. Ich verbesserte nicht nur meine Fähigkeiten im Bogenschießen und lernte, meine Haut unempfindlicher gegenüber Schneidwaffen und Schlägen zu machen, sondern auch meine Sehkraft erfuhr noch eine Steigerung. Ich begann außerdem eine Ausbildung im waffenlosen Nahkampf. Ein Verwandter von Indis, der zu ihren derzeitigen Gästen zählte, war ein Lehrmeister in dieser Disziplin und von sehr eigenem Humor. Sveras ist noch jung, hat aber dennoch graue Haare und gelbe Augen. Er ist ein Nordländer von den Ufern der weißen See und ein Cousin der Hexe. Ich hoffe, ich erhalte noch öfter Gelegenheit, bei ihm Unterricht zu nehmen, er ist sehr gut in seinem Fach.

Momentan sind wir also an einem sicheren Ort, lernen, faulenzen, trainieren und überlegen, was wir als nächstes tun wollen. Bayantu möchte in den Norden an den elementaren Pol des Windes, um mit eigenen Augen zu sehen, wie sich dessen elemetare Macht präsentiert. Jalna ist es dort natürlich zu kalt und er möchte lieber in den Süden oder Südosten. Ich hab eigentlich keine Vorlieben, denke mir aber, andere wie uns zu suchen und eine neue Gemeinschaft zu organisieren, wäre eine wichtige Sache. Da wir in unseren Visionen eine Gruppe von fünfen waren und auch Indis bestätigte, daß sich die Erwählten immer in dieser Anzahl zu Kleingruppen zusammenschlossen, werden wir nach den zwei Ergänzungen Ausschau halten müssen, damit die Aspekte vollständig sind...

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#10. Der Weg nach Nine Stones

gespielt am 20. Oktober 2003

Abendessen mit der Hexe

Wir waren nach einigen Wochen Aufenthalt immer noch bei Indis im Tigerberg und wurden von ihrem Majordomus zum Abendessen mit der Hexe eingeladen. Wir hatten die immer übernächtigter und reizbarer wirkende Hexe bei ihren Bemühungen um den Stab kaum noch zu Gesicht bekommen in der letzten Zeit. Als sie sich nun zum Essen mit uns traf, wirkte sie bodenlos erschöpft, hatte Ringe unter den Augen und war anscheinend der Verzweiflung nahe, weil der Stab unverändert hinter ihr auf dem Kaminsims lag. Sie schien mit ihrer Kunst am Ende. Und deshalb kam sie erneut zu uns und bat uns um einen Gefallen bzw. hatte einen weiteren Auftrag für uns.

Sie hatte herausgefunden, daß der Körper von Symos' gefangener Seele noch irgendwo existierte (vielleicht mehr tot als lebendig, weil ihm die Seele fehlte) und sogar einen ungefähren Ort lokalisiert. Sveras, der entfernte Cousin von Indis und mein Lehrer im waffenlosen Kampf, war in Indis' Auftrag bereits vor Ort gewesen und hatte sich dort umgesehen. Er war gerade erst eingetroffen und wurde sofort zu uns gebracht, um uns weitere Auskünfte zu geben. Mit diesem Ort, an dem Symos' Körper ruhen sollte, hat es etwas besonders auf sich: Nine Stones liegt südwestlich von Whitewall hinter den Geisterbergen mitten im Totenland, im Zentrum einer überlappenden Zone auf einer Hochebene. Dort existiert eine komplette Stadt, welche von Lebenden und Geistern gleichermaßen bevölkert wird. Wir fragten uns schon, wie das real funktionieren konnte. Nine Stones ist umgeben von einigen befestigten Dörfern, die Nine Stones tributpflichtig sind. Nine Stones ist der Herschersitz eines Fürsten der Schatten. Und Indis gab uns den guten Rat, uns nicht mit ihm anzulegen. Sveras schien sehr eilig unterwegs gewesen zu sein, er wirkte erschöpft und abgehetzt und zog sich bald zurück, um sich frisch zu machen und auszuruhen.

Nine Stones ist ein magischer Ort, der seinen Namen den 9 Menhiren verdankt, die im Zentrum dieser Pilgerstadt stehen. Wir lasen in der Bibliothek noch ein wenig über die Stadt nach und konnten noch in Erfahrung bringen, daß am Ende des 1. Zeitalters dort eine Schlacht und erhebliche Zerstörung stattgefunden hatten. Als die Seuche kam, breitete sich dort ein Totenreich aus, welches bereits in einer Entfernung von sieben Tagesreisen vom Tigerberg beginnt. Es handelt sich dabei also quasi um einen Nachbarn von Indis. Wir überlegten, ob wir als Diplomaten in ihrem Auftrag dorthin reisen sollten und uns offiziell beim Fürsten vorstellen, aber dann würden wir uns nicht so frei bewegen können, wie als einfache Reisende. Daher ließen wir diese Idee wieder fallen. Sveras hatte uns noch geraten, ausreichend Vorräte mitzunehmen, es gäbe dort nichts zu essen (ich fragte mich, wie die Bauern dort überlebten) und auch das Wasser im Schattenreich sollten wir nur vorsichtig trinken und zwar keines, das aus Nine Stones herausfließt. Außerdem schien es so zu sein, daß der Schattenfürst dabei war, eine Armee aufzustellen, er sammelte gerade alle waffenfähigen Männer in seinem Reich in Nine Stones. Das machte unsere Aufgabe nicht gerade einfacher.

Da ich sehr an einer Weiterführung dieser Angelegenheit um die Befreiung von Symos' Seele interessiert war, nahm ich den Auftrag von Indis sofort an, den Stab nach Nine Stones zu bringen, den Körper zu suchen und zu hoffen, daß wir damit einen Weg finden würden, Symos zurückzubringen. Der Stab würde dabei voraussichtlich wie ein Kompaß funktionieren können und zu leuchten beginnen, wenn wir uns in der Nähe des Körpers befänden. Bayantu und Jalna waren etwas zurückhaltender, gerade bei der Vorstellung, ausgerechnet ins Totenreich reisen zu müssen, aber hatten nichts besseres vor und schlossen sich darum doch an. Die Neugier, wie diese Geschichte weitergehen würde, war wohl auch ein Grund. Den Stab erhielten wir in graue Seide eingeschlagen, und etwas Räucherwerk zur Weckung der Lebensgeister, um die Vereinigung von Seele und Körper zu unterstützen, sollten wir beides zusammenbringen können. Indis wirkte extrem frustriert, daß sie nicht selbst etwas hatte erreichen können und uns diesen Auftrag anvertrauen musste.

Der Geheimauftrag

[Anmerkung Inge: Für Leute, die sich ihr Charakterwissen nicht spoilern wollen, liegt dieser Teil der Chronik hinter einem Link]

Indis hielt mich im Gehen als Einzige kurz zurück ...
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Nach Nine Stones

Wir bereiteten unsere Abreise vor und rüsteten uns mit zusätzlichem Packpferd auch für 10 Tage mit Nahrung aus und nahmen auch Wasserschläuche mit. Eine entsprechende Karte hatte uns Sveras durch seine Erkundungsreise vorbereitet, der wir ins Totenreich folgen konnten. Wir würden nur tagsüber in dieses Schattenland reisen, damit wir uns nicht verirrten und die Grenzen bei Nacht überschritten und nicht mehr herauskamen. Es gab eine Alte Straße, die von der Handelsstraße abzweigte und in die Geisterberge auf einen Pass führte. Sie war eigentlich kaum noch erkennbar unter all dem hohen Gras, das auf der Ebene wuchs, aber im Gebirge trat sie schließlich deutlicher hervor. Wir fanden schließlich auch die Spuren eines einzelnen Reiters, der eilig vor 5 weiteren Reitern geflohen war - vermutlich Sveras' Spuren. Schließlich kamen wir an einer Flußfurt an, die noch Reste einer ehemaligen Steinbrücke hatte. Hier war die Grenze ins Totenreich. Und da sich der Abend bereits neigte, machten wir hier unser Lager. Es gab unweit der Brücke am Hang eine Brandspur und Kampfspuren. Möglicherweise war Sveras hier hart bedrängt worden. Wir lagerten etwas abseits von Furt und Brücke und Fleckenfell hielt nachts die Umgebung im Auge. Wir füllten noch einmal unsere Wasservorräte und würden ab jetzt von unseren Vorräten leben müssen. In der Nacht weckte mich Hufschlag und Fleckenfells feuchte Nase. Ein Reiter galoppierte durch die Nacht, überquerte den Fluss nicht an der Furt, sondern an der Stelle der eingestürzten Brücke, bemerkte uns nicht und verschwand Richtung Nine Stones. Vermutlich ein reitender Bote. Am anderen Morgen untersuchten wir die Brandstelle genauer. Die Spuren waren ca. 2 Wochen alt und befanden sich auf der Seite des Totenreiches. Das bestätigte erstens, daß es vermutlich Sveras' Spuren waren (zeitlich kam es hin) und außerdem in Kombination mit dem Erlebnis von heute nacht hieß es wohl auch, daß die Bewohner dieses Totenreiches, also die Geister, das Totenreich anscheinend auch verlassen konnten, um jemanden zu verfolgen...
Beunruhigende Vorstellung.

Kontakte zur Landbevölkerung

Bei unserer Weiterreise kamen wir noch an eine weitere zerstörte Brücke, die eine tiefe Schlucht überbrückte, die wir mühsam umgehen mussten, weil der Sprung mit einem Pferd hinüber nur von Verrückten zu wagen war und im äußersten Notfall. Wir kamen schließlich in eine Landschaft, die völlig tot wirkte und von einzelnen Gehöften in ihrer Öde unterbrochen wurde. Wir beschlossen, auf einem dieser Gehöfte noch vor Nine Stones zu übernachten, um vielleicht noch weitere Infos über Nine Stones und den Fürsten einholen zu können. Die erste Begegnung mit der Landbevölkerung war nicht gerade überschwenglich, aber mit Hilfe einer wieder eingefangenen Ziege und der vorsichtigen Freundschaft zu einem kleinen Jungen wurden wir schließlich für die Nacht auf einem Hof eingelassen. Die Familie lebte in ärmlichsten Verhältnissen und so teilten wir unsere Vorräte mit ihnen und gaben etwas Kaninchenfleisch für den Eintopf. Da heiterten sich die mutlosen und misstrauischen Gesichter zum ersten Mal auf. Man hatte uns zuerst für Männer des Fürsten gehalten und die schienen nicht beliebt, weil sie gerade alle waffenfähigen Männer in die Stadt abgeführt hatten. Der Fürst bildete eine Armee. Aber wofür, war die Frage, die sie uns auch nicht beantworten konnten. Der Fürst hielt sich in Nine Stones auf. 9 Tore führten unter der Erde hindurch in die Stadt, die in einem Talkessel liegt. Innerhalb der Stadtmauer liegen die Soldatenquartiere, Tempelbesuche werden von der Landbevölkerung regelmässig neben sonstigen Einkäufen an den Neumondfesten gemacht und am "Calibration Day" (dabei handelt es sich um 5 Schalttage). Im Moment haben wir zwei Tage vor Neumond, sodaß es uns ohne weiteres gelingen könnte, als Pilger nach Nine Stones zu reisen, um den üblichen Neumondtempelbesuch machen und uns umsehen zu können. Außerdem gibt es 5mal im Jahr einen großen Markt vor den Toren der Stadt. Hinter dem Hof der Familie gab es vier frische Gräber und wir erfuhren, daß es sich sämtlich um Familienmitglieder gehandelt hatte. Kein Wunder, daß alle so verstört waren. Es schien zu Auseinandersetzungen gekommen zu sein, als die Männer des Fürsten den Tribut holten und den ältesten Jungen für die Armee abführten, aber man erzählte uns darüber nichts genaues. Die Gräber waren mit religiösen Symbolen versiegelt, wohl um eine Rückkehr der Toten als Geister in diesem Land zu verhindern. Ihr Ältester war dagegen auserwählt, dem Fürsten möglicherweise sogar irgendwann als Wiedergänger zu dienen... Eine zweifelhafte Ehre, wenn man mich fragt.

Wir betteten uns schließlich in diesem bescheidenen Haus zur Ruhe, wobei ich sorgfältig auf meine Habe achtete, da der Bauer bereits neugierige und etwas begehrliche Blicke auf unsere gefüllten Satteltaschen geworfen hatte... doch als mein Kopfkissen waren die Sachen auch unter Fleckenfells Schutz ziemlich sicher.

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#11. Die Stadt der Toten

gespielt am 1. Dezember 2003

Nach Nine Stones

Eine Überprüfung unseres Kurses am nächsten Morgen mit dem Stab ergab immer noch eine Richtung genau nach Nine Stones hinein. Also sattelten wir nach einem kurzen Frühstück auf. Bayantu bestand darauf, dem jungen Ziegenhirten noch zum Abschied einen kleinen Speer zu schnitzen und ihm zu zeigen, wie man damit umgeht. Jalna war der Meinung, sollten die Soldaten des Fürsten wirklich wieder an diesem armseligen Gehöft vorbei kommen, wäre das sein sicheres Todesurteil, wenn der Kleine größenwahnsinnig genug wäre, sich mit ihnen anzulegen. Aber was konnte man sonst für die Leute tun? Jeder eigene Wille schien hier erloschen, die Menschen vegetierten dahin, so wie das ganze Land, ohne Interesse für ihr Schicksal, resigniert. Allein in diesem Jungen gab es noch einen Funken Leben und vielleicht machte es doch einen Unterschied. Wer kann das schon sagen?

Nine Stones - die Zeltstadt

Wir ritten auf der Straße, die durch hügeliges Gelände führte und plötzlich überblickten wir von einer Anhöhe das Tal, in dem Nine Stones lag. Inmitten des Tals lag ein Hügel, auf dessen Kuppenrand die Neun Steine aufgerichtet standen. In den Hügel hinein führten tatsächlich mehrere Höhleneingänge und vor dem, zu dem diese Straße führte, befand sich ein großes Zeltlager. Uns erwischte derweil ein weiteres Flashback: Dies war der Ort der Schlacht aus unserer letzten Vision, zu dem wir zu spät gekommen waren, unzweifelhaft - aber jetzt gab es diesen Hügel; zuvor war das Tal eben gewesen, in dem der heilige magische Ort mit den Neun Steinen das Zentrum zu ebenem Boden gebildet hatte. Wer auch immer hier für die Entstehung dieses Hügels gesorgt haben mußte, verfügte über mächtige Kräfte. Bayantu erklärte uns ein wenig davon, wie schwierig es war, bei einem magischen Ort Veränderungen vorzunehmen, die die Energieflüsse auf ein bestimmtes Ziel oder einen bestimmten Zweck auszurichten vermochten. Wer auch immer hier also am Werke gewesen war, mußte sehr viel von diesem Handwerk verstehen...

Wir kamen zur Zeltstadt und fielen auf wie bunte Hunde, obwohl wir vom Staub der Straße und in unseren ohnehin grauen Gewändern so tot wie das Land aussehen mußten. Aber die Menschen und Zelte hier brachten es fertig, noch farbloser zu wirken. Es gab hier keine Pferde oder Hunde und man warf daher begehrliche und vor allem hungrige Blicke auf unsere. Wir stiegen vor den Zelten ab und führten die Pferde am Zügel den Karrenweg Richtung Höhleneingang entlang, bogen dann zwischen die Zelte ab und versuchten uns so gut wie möglich unauffällig zu machen, um am Rand unser Lager aufzuschlagen. Trotzdem folgten uns viele Augen. Am Abend kam Bewegung in die Zeltstadt. Die Menschen reihten sich entlang der Straße auf und es erschien eine Prozession schwarzer Reiter, denen die Menge in völligem Schweigen stumm und verzweifelt die Hände entgegen reckte. Bayantu und Jalna hatten sich unter die Menge gemischt, um zu verstehen was vor sich ging. Die Reiter wählten gut zwei Dutzend beliebige Leute aus (anscheinend war körperliche Unversehrtheit das einzige Kriterium), nahmen sie in die Mitte und strebten wieder dem Höhleneingang Richtung Stadt zu. Der Rest der Menge zerstreute sich enttäuscht, aber immer noch sehr still. Jalna und Bayantu waren nur knapp der Musterung entgangen. Sollte dies unsere einzige Möglichkeit sein, als "Pilger" in die Stadt zu gelangen? Der Fürst sammelte hier anscheinend Personal. Beim Abendessen versuchten wir Kontakt zu unseren Zeltnachbarn zu knüpfen, aber niemand kochte hier etwas, die Leute hatten nichts zu essen, von wenigen Ausnahmen abgesehen. Es gab eine große Zeltanlage, die einem Pascha gehörte, den Jalna kurz in Augenschein nahm, aber auch das war keine Infoquelle. Wir beobachteten, daß alle Anwesenden allerdings ihre Zeltumgebung mit mehr oder weniger funktionierenden Schutzzeichen gegen Geister versahen und so tat Bayantu das gleiche. Jalna und ich gingen derweil auf einen nächtlichen Streifzug, um die Gegend zu erkunden.

Die hungrigen Geister

Fleckenfell gefiel dieser Ort gar nicht und so erlaubte ich ihm, sich frei zu bewegen und sich meinetwegen bis vor das Tal zurückzuziehen. Aber er zog es vor, in meiner Nähe zu bleiben. Hier gab es nicht einmal Kaninchen oder Mäuse für ihn, und so griff ich unsere Vorräte an, um ihn zu versorgen. Als Jalna und ich aus dem Lager schlichen, bemerkte ich bald, daß uns zwei Gestalten folgten. Wir schlugen einen Haken, um zu sehen, wer uns verfolgte, verloren dabei aber die Leute aus den Augen. Als wir uns wieder dem Ziel unserer Erkundung zuwandten, liefen wir kurz vor dem Höhleneingang diesen Gestalten, die sich inzwischen auf fünf vermehrt hatten, erneut in die Arme. Es kam zu einem körperlichen Zusammenstoß, Jalna überfiel zwecks Aushorchen einen von hinten mit der Garotte. Aber kaum berührte er die Gestalt, als es ihm kalt in die Glieder fuhr und er sich fühlte, als würde ihm das Leben entzogen. Da versuchte er die Gestalt, die sich als hungriger Geist herausstellte, umzubringen. Aber diese Geister sind verdammt zäh und so eilte ich ihm mit dem Dolch zu Hilfe. Am Ende war der Geist kopflos und verwandelte sich in eine schleimige Masse. Jalna war etwas weich in den Knien und so sahen wir zu, daß wir den anderen entkamen, die uns zu umzingeln versuchten, und uns zurück in unser gesichertes Zelt flüchteten. Diese Geister wurden anscheinend von Essence (magischer Ausstrahlung) angezogen, wie Motten vom Licht und bald belagerten etliche davon unser Zelt. Soviel zum unauffällig bleiben... Bayantu machte sich daraufhin die Mühe, nun nicht nur scheinbare Schutzrunen um unseren Platz zu legen, sondern richtige Schutzmagie zu wirken, damit wir den nächsten Morgen noch erleben würden, ohne so tot herumzuhängen, wie der Rest der Leute hier. Die wurden offenbar jede Nacht von den Geistern heimgesucht und ihre Lebensenergie "abgesaugt".

Der Patrizier mit Gefolge

Am nächsten Morgen folgten wir einem neuen Plan: wir brachen unser Lager ab und ritten noch einmal neu auf die Stadt zu wie wichtige Personen. Jalna gab sich als Patrizier mit Gefolge aus, der hier im Tempel opfern wollte. Man ließ uns ohne Schwierigkeiten passieren. Wir bekamen einen Diener und Schatten zugeteilt, der uns herumführte, uns und den Pferden Quartiere zuwies und nicht zuließ, daß wir einen Schritt ohne ihn taten. Er hatte statt eines Namens lediglich die Nummer 723. Hinter dem Höhleneingang öffnete sich der Tunnel in eine hohle Hügelwelt: an ihren Wänden entlang waren die Soldatenquartiere, Pferdeställe, Rüstungsmacher, Schmiede, die ganze Armeeindustrie. In der Mitte der Stadt auf einer Anhöhe ruhte ein kleiner Kuppelbau im Pavillionstil - der Tempel? In gerader Linie vom Eingang lag gegenüber ein Balkon, der die Stadt überblickte. Und mit einem riesigen Schrecken erkannte ich jenen Balkon aus meiner Vision wieder, auf dem mein anderes Ich gestanden hatte neben dem mächtigen Heeresführer... auch wenn die Stadt dabei etwas anders ausgesehen hatte. War es nun Vergangenheit oder Zukunft, was ich gesehen hatte? Ich konnte es immer noch nicht sagen. Im Innenhof eines größeren Gebäudes wurde streng exerziert, als wir vorbei gingen. Nr. 723 führte uns in unser Quartier, beschaffte uns ein Bad und versorgte uns mit der Möglichkeit, heute abend im Tempel opfern zu können. Es schien hier Protokolle zu geben und Jalna war aufgrund seiner vorgegebenen Wichtigkeit immerhin deutlich vorgerückt, wenn auch nicht so bevorzugt, daß er bereits dem Fürst persönlich seine Aufwartung hätte machen können. Im Quartier testete ich vorsichtig erneut unseren "Kompaß": der Stab zeigte genau in Richtung des kleinen Tempelpavillions, allerdings deutlich unter die Erde an dieser Stelle.

Im Tempel

Am Abend wurden wir von einem Priester in den Tempel geführt. Hier hatten sich etliche Gläubige zu einer Zeremonie versammelt, deren Mittelpunkt wir darstellten. Bayantu gab Jalna leise Instruktionen, während wir nach vorne auf eine schwarze Säule im Mittelpunkt des Allerheiligsten zuschritten. Wenigstens einer von uns wußte, wie man sich hier zu verhalten hatte. Jetzt hieß es "Showtime". Jalna machte seine Sache sehr gut und ließ sich von mir sogar kurz als Bestandteil der Zeremonie den Stab geben (vor aller Augen! mir wurde ganz anders beim Gedanken, was hier los sein würde, wenn man sein Potential erkannte...) und ließ es so aussehen, als würde er mit dem Stab die Säule berühren, während der Stab ihn in Wirklichkeit mit einem ziemlichen Ruck nach vorne zog und mit der Spitze auf den Boden zu Füßen der Säule donnerte. Es wirkte wie eine gewollte symbolische Geste, der Stab als Jalnas Zepter, welches sich vor der Macht der Götter (wir wußten ja noch nicht mal, wer hier angebetet wurde...) verneigte, die Gläubigen jubelten und die Stimmung wirkte hochzufrieden. So wurde der Stab von mir wieder in Empfang genommen, in sein Tuch geschlagen und wieder unter meine Gewänder versteckt. Danach schritten wir würdevoll hinaus. Ich stieß einen Stoßseufzer aus, als wir wieder in der vermeintlichen Sicherheit des Quartiers waren. Was nun? Wie kamen wir bei all der Geschäftigkeit in den Straßen und mit all den Dienern und Aufpassern am Hacken ungesehen noch einmal in den Tempel, um unterhalb des heiligen Raums nach dem Aufbewahrungsort von Symos' Körper zu suchen? Ich erzählte den anderen beiden von meinem Sonderauftrag, damit sie mir im Zweifelsfall den Rücken freihalten konnten, wenn diese Aktion notwendig werden sollte.

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#12. Tod und Spiele

gespielt am 12. Januar 2003

Nachts in einer fremden Stadt...

Da wir die Lüftungsschächte, Fensterritzen und Türspalten eh schon mit Zeug verstopft hatten, um uns hier in der Höhle des Löwen - pardon, des Fürsten der Finsternis - vor Zugluft bzw. unliebsamen Zuhörern zu schützen, konnten wir trotz der Anwesenheit von 723 vor der Tür einigermaßen ungestört über unser Vorgehen laut nachdenken. Wir nahmen nach dem Besuch im Tempel in unserem Quartier eine neue Peilung mit dem Stab vor, und anscheinend war der Körper, den wir suchten, nachts in Bewegung. Alle anderen Peilungen hatten wir bisher tagsüber unternommen. Daraus war zu schließen, daß Symos' Körper doch als Zombie mit einer fremden Seele in halblebendem Zustand herumlief. Hoffentlich klappte die Austreibung...

Doch vorerst streckte 723 nach höflichem Klopfen seinen Kopf zur Tür rein und bat uns, ihn zu den Meistern der Zeremonie zu begleiten.

Die Palastbürokratie von Nine Stones

Wir wurden, da wir um eine Audienz beim Fürsten von Nine Stones ersucht hatten, vor den Zeremonienmeister für die Spiele geführt. Dieser hielt Hof in einem kleinen Zimmer, vor dem eine schier endlose Schlange von Leuten unterschiedlich abgerissenen Aussehens wartete, an der wir vorbei direkt zu ihm geführt wurden. Er stellte sich nicht einmal mit Namen vor. Neben ihm saß eine Mumie, die sich bereits einige Stufen weit in der Verwesung befand und deren Knochen beim Schreiben leise klapperten.

Jalna pokerte auf Infos, aber er und der Meister belauerten sich gegenseitig. Der Typ trug eine Maske auf dem Kopf, so daß sein Mienenspiel verborgen blieb. Dennoch hätte Jalna hinterher schwören mögen, daß er sich eins über uns 'reingegrinst hatte. Es ging jedenfalls um die Anmeldung eines Kämpfers für die zeremoniellen Spiele am morgigen Tag/Abend, für die all die Pilger, und ja auch wir (in unserer Tarnung) als Bestandteil der Festivitäten in die Stadt gekommen waren. Wir bekamen zwar nicht raus, worum es dabei genau ging, aber Bayantu wurde von Jalna als Kämpfer angemeldet, bekam eine Plakette als Ausweis und sollte sich ab morgen Mittag bereit halten. Als wir nach dem Plural der Meister der Zeremonie fragten, wollte man uns noch zum Meister der Opfer schicken, allerdings wies man Jalna rechtzeitig darauf hin, daß er sein sorgfältig ausgewähltes Gefolge sicherlich nicht opfern wollte (ich bekam einen fürchterlichen Hustenanfall) - deshalb verzichteten wir auf weitere Besuche in der Palast-Hierarchie, nicht ohne mit einem hörbaren Schmunzeln noch vom Meister der Spiele für den übernächsten Tag zum Tee eingeladen zu werden... Ich war froh, daß uns Jalna nicht unserer Tarnung wegen noch zum Zeremonienmeister für die Opferungen schleppte und mir so die Teilnahme an den Opferzeremonien ersparte...

Nach diesem Besuch überließ ich es den anderen, sich um den morgigen Tag zu sorgen und versuchte, mich möglichst gründlich auszuschlafen.

Brot und Spiele

Am frühen Morgen weckte mich Fleckenfell, der etwas Seltsames im inneren Rund der hohlen Hügelstadt beobachtet hatte: Die numerierten Diener streuten ein neunblättriges riesengroßes Blütenmuster mit farbigem Sand auf den Boden und grenzten so verschiedene Bereiche der Stadt für verschiedene Aktivitäten für die Spiele ab. Außerdem wurden unterhalb der großen Balkone mehrere Podeste errichtet.

Ich ging mich ein wenig umsehen, weckte dann die anderen und bestellte das Frühstück. Danach versuchte Bayantu kurz etwas mehr über die Spiele bei den 'rumlaufenden Dienern in Erfahrung zu bringen, um sich entsprechend besser vorbereiten zu können, aber ohne Erfolg. Er erfuhr lediglich, daß es sich um Rangkämpfe für die Armee des Fürsten handeln würde. Er würde erst in der vorletzten Runde dazustoßen, da man ihn eher für Offiziersmaterial eingestuft hatte durch das Auftreten "unseres Herrn" Jalna als reicher Patrizier. Daraufhin bereitete er sich meditativ auf die Entscheidungskämpfe vor und wir überlegten, ob wir ihn noch irgendwie unterstützen konnten.

Unsere Vermutung war inzwischen (da der Herrscher ebenfalls eine Eisenmaske trug wie seine Bürokraten), er möglicherweise derjenige war, der den Körper von Symos "geliehen" hatte. Das hieß wohl, daß jeder, der zu seinem Armeegeneral aufstieg, tendenziell eine größere Chance hatte, nah mit unserem Stab an ihn heran zu kommen, als ein einfacher Soldat. So gesehen wurde Bayantus Teilnahme plötzlich nicht mehr nur zur politischen Notwendigkeit, sondern unterstützte auch unser Vorhaben.

Jalna hatte die brilliante Idee, noch einmal mit dem Stab zu kommunizieren und ihn um Unterstützung für Bayantus Kampf zu bitten. Ich versuchte mich daraufhin einzustimmen und bekam schließlich eine klare Vision, in der ich Bayantu mit dem Speer in der einen und dem Stab in der anderen Hand erfolgreich kämpfen sah. Wir überlegten, wie das zu realisieren wäre, da der Speer zweihändig geführt wurde. Schließlich befestigten wir den Stab einfach am Speer, weil der Handkontakt zum Stab uns das wichtigste schien.

Die Kämpfe

Bayantu wurde zur passenden Stunde durch einen Diener abgeholt und in die Arena gebracht, während Jalna sich auf der Galerie unter den Leuten umsah und Wetten auf Bayantus Erfolg abzuschließen begann. Ich bezog Stellung in der Nähe des großen Balkons, wo vermutlich der Fürst der Finsternis erscheinen würde.

Die ersten Kämpfe waren wirklich nur ein Abschlachten, diese Leute waren keine Soldaten. Doch die Kämpfer wurden langsam besser, und schließlich wurde auch Bayantu auf den Platz geführt. Sein erster Gegner war von den vorigen Kämpfen bereits erschöpft. Trotzdem hielt er sich erstaunlich lange gegen Bayantu, es war ein interessanter Kampf, der die Wetten in die Höhe trieb. Jalna machte letztlich einen guten Gewinn, als der Champion des Patriziers aus der Zeltstadt in der 8.Runde unterlag. Für Bayantu gab es eine Runde Verschnaufpause nach jedem Kampf.

Sein nächster Gegner war ausgebildeter Soldat, vorsichtig umkreisend versuchte er in einem langsamen, aber aggressiven Beginn Bayantu einzuschätzen. Leider verrechnete er sich dabei in der Reichweite seines großen Schwertes und Bayantu schaffte es irgendwie in den Schlag zu tauchen und mit der verdoppelten und verstärkten Kraft seines gespitzten Speers den Gegner fast gänzlich zu köpfen. Der dritte Gegner entpuppte sich als Profiduellist mit Messern, dem Bayantu dreimal elegant auswich und ihn dann erstach.

Nach diesem leichten Sieg wurde es scheinbar für Jalna schwieriger, noch gute Wetten für Bayantu zu bekommen. Die wettenden Umstehenden auf der Galerie (offenbar der hiesige Landadel), die ihre Champions dort unten in den Kampf schickten, schätzten die Lage neu ein.

Der Fürst der Finsternis war inzwischen auf seinen Aussichtsbalkon getreten. Hier in der Nähe bekam ich gerade mit, wie Bayantu von seinem vierten Gegner ziemlich in Bedrängnis gebracht wurde. Aber dann begann Bayantu im Ernst zu kämpfen, fintete und sprang herum wie eine Ziege - es sah nicht mehr so ganz natürlich aus, er schien einige seiner besonderen Fähigkeiten zu benutzen. Dreimal gelang es ihm in letzter Sekunde noch, seinen Speer als zur Abwehr zwischen sich und das Langmesser des Gegners zu bringen. Trotzdem verlor er an Boden und wurde zweimal getroffen. Erst in der 12. Runde gelang ihm der entscheidende Gegentreffer. Nach diesem zähen Kampf salutierte Bayantu seinem toten Gegner und ich machte mir etwas Sorgen über seine blutende Seite, mit der er vom Platz humpelte. Der Fürst war - mit seinem militärischen Bodyguard auf der einen und seiner weiblichen Ratgeberin auf der anderen Seite - interessiert nach vorne an den Rand seines Balkons getreten.

Finale

Der Finalkampf fand direkt unter dem Balkon des Fürsten statt. Bayantus Gegner war durch die Ausscheidungskämpfe ebenfalls schon angeschlagen. Sein Ziel schien, auf eine Gelegenheit zu spielen, um den Kampf mit einem großen Messer schnell für sich zu entscheiden. Die Umgebung begann sich schon seit einiger Zeit magisch aufzuladen, der Boden summte und die Luft schien wie von einem Hitzeflimmer durchzogen, der Himmel verfinsterte sich zusehens. Plötzlich stolperte Bayantus Gegner, lag am Boden, schaffte es noch einmal sich unter dem zustoßenden Speer hervorzurollen, aber der zweite Stoß saß im Ziel.

Er hatte es geschafft und auch diesen Kampf für sich entschieden. Aber ich machte mir große Sorgen, weil es sehr knapp ausgesehen hatte und Bayantu schon deutlich schwankte. In der Pause wurde ihm Tee serviert, doch anscheinend schmeckte er nicht.

Es begannen nun Trommeln zu schlagen, einen langsamen tranceartigen hypnotischen Rhythmus, als der letzte Gegner, der militärische Begleiter des Schattenfürsten vom Balkon selbst die Arena betrat. Eine große Stille entstand, alle Wettgespräche verstummten, und man konzentrierte sich gänzlich auf das Geschehen in der Arena. Alles schien die Luft anzuhalten, als mir siedend heiß einfiel, daß, wenn Bayantu es schaffen sollte, an den Fürsten heranzukommen, wir nach Abschluss der Kämpfe möglicherweise einen schnellen Abgang machen mußten. Daher sprintete ich zu den Ställen, Fleckenfell im Gefolge, und sattelte die Pferde, packte unsere Ausrüstung zusammen und verschnürte alles abreisebereit, bat meinen Luchs, auf die Sachen zu achten und stürmte wieder auf die Galerie, um Jalna zu informieren. Ich schaffte es gerade rechtzeitig, um den Kampfbeginn mitzuerleben.

Eclipse

Der General des Schattenfürsten trug eine prächtige schwarze Rüstung, einen riesigen Helm und einen großes, schwarzes Zweihand-Schwert. Er war ein ausgeruhter Gegner. Doch als er den Helm abnahm, stockte uns dreien der Atem: es war Symos! So, wie wir ihn aus unserer Vision in Erinnerung hatten! Er zog die Rüstung für den Kampf komplett aus, um Bayantu ebenbürtig entgegenzutreten. Ich machte mich im ersten Stock auf der Galerie hinter den Podesten mit den Toten sprungbereit, um jederzeit in das Geschehen eingreifen zu können, während Jalna bereits zu den Pferden lief. Der Sprung war nicht so tief und ich würde hinter dem Podium einen Teil der Strecke Deckung haben, bevor ich in den Aufmerksamkeitsbereich des Publikums geriet, das ganz auf die beiden Kämpfer konzentriert war. Wie gut, daß Bayantu den Stab hatte!

Die zwei nahmen jetzt Aufstellung, und Bayantu trennte in einer großen Geste Speer und Stab voneinander, wie in meiner Vision, und trat Symos' Körper mit je einer Waffe in jeder Hand gegenüber. Dieser setzte zu einem mächtigen Schlag an, Bayantu legte alles in den Block dieses Angriffs und tauchte unter dem Schlag weg, um seinen Gegner mit dem Stab zu berühren. Symos' Körper durchfuhr ein Ruck, er stand starr, und das war mein Stichwort. Während in ihm die Seelen miteinander um Vorherrschaft rangen, sprang ich in die Arena, lief auf ihn zu und rief die entscheidende Passwortfrage:

"Wie ist dein wahrer Name?" - und Symos antwortete: "Taykandur Symos!"

Göttin sei Dank, er war es, endlich wieder mit seiner wahren Seele vereint stand er vor uns, umgeben von einem plötzlichen Lichtausbruch, als der Himmel über uns aufriß, den Blick auf eine Sonnenfinsternis freigab. Ich steckte das bereits gezogene magische Stilett wieder weg, froh, es nicht benutzen zu müssen. Symos umgab eine leuchtende Aura, auf seiner Stirn erschien das Zeichen der Eclipse der Exalted, und der Stab explodierte in einem so hellen Lichtspektakel, daß Bayantu, der noch immer vor Symos kniete, ebenso wie ich für einen Moment komplett geblendet war.

Langsam hob Symos sein schwarzes Schwert gegen den Himmel und es wurde golden von der Spitze herunter. Vom Balkon des Fürsten waberte daraufhin eine schwarze Finsternis in die Arena , als Symos sich in diese Richtung drehte und dem Fürsten Schwert und Stinkefinger präsentierte. Ich rief ein "Ab durch die Mitte!!" und glücklicherweise folgten mir beide bei meinem Sprint aus der Arena, während ringsum die Toten auferstanden. Dies war ein großangelegtes Auferstehungs-Ritual für die Totenarmee des Fürsten, das wir gerade empfindlich gestört hatten, wie ich endlich verstand. Wir hatten aber nicht nur das Ritual gestört, sondern raubten dem Fürsten soeben noch seinen besten General... Kein Wunder, daß er aufgebracht war! Bayantu folgte Symos und mir etwas langsamer, aber er kam zurecht.

Die Wachen an den Eingangstoren waren so überrumpelt von dem Geschehen, daß sie keinen Widerstand leisteten. Wir kamen ungehindert zu unseren Pferden (ich hatte schon vorsorglich eins für Symos mitgesattelt), schwangen uns auf und preschten aus der Stadt. Hinter uns waberte die Finsternis in Verfolgung, erreichte uns aber nicht, während die Sonnenfinsternis am Himmel ihrem Ende entgegen ging.

Wir ritten den ganzen Abend durch bis zum Fluß, und mit dem letzten Sonnenstrahl überquerten wir die Grenze des toten Landes. Lachend und erleichtert sahen wir uns an, glücklich, dieses Abenteuer so gut überstanden zu haben. Jalna bedauerte zwar ernsthaft, in der Eile seine letzten Wetteinsätze nicht mehr kassiert haben zu können, aber sonst war alles in Ordnung und ich freute mich auf das Wiedersehen mit der Hexe im Tigerberg. Die nächste Rast würde hoffentlich der Beginn einer langen Reihe von interessanten Gesprächen sein, die ich (und die anderen vermutlich auch) mit Symos über unsere gemeinsame Vergangenheit führen wollte...

rauf


#13. Rückkehr zum Tigerberg

gespielt am 2. Februar 2003

Abendlager mit Vision und Überfall

Sobald wir den Grenzfluß zum toten Land überquert hatten, suchten wir uns eine blickgeschützte Lagerstätte am Ufer. Symos war immer noch ziemlich mit der Orientierung im Hier und Jetzt ("Wann bin ich, wo bin ich und warum?") beschäftigt, und Jalna half ihm dabei, so gut er konnte. Ich erzählte ihm von den Visionen und unserer Beziehung zu Indis, der Herrin vom Tigerberg und hoffte, etwas über seine Beziehung zu ihr und uns herauszufinden. Aber nichts dergleichen. Das Einzige, was wir seinen Fragen noch entnehmen konnten, war, daß es mal eine Freistatt mit einem Solar namens "Kasaan" als Herrscher gegeben hatte, die auf jeden Fall noch existieren müsste, irgendwo auf einer Insel im Weißen Meer weit im Osten. Somit hatten wir ja schon wieder einen Aufhänger für unsere noch strittigen Zukunftspläne... auch wenn Jalna beim Gedanken an eine Seereise schon übel wurde - Landratte!

Kaum hatten wir jedoch unser Lager aufgeschlagen und etwas Warmes aus unseren Vorräten im Bauch, als uns eine weitere Vision umfing, wodurch wir gar nicht dazu kamen, einen Wachplan zu machen, sondern einfach peinlicherweise vom Schlaf übermannt wurden...

Diesmal waren wir auf einer Ebene im treibenden Schnee, fühlten uns verfolgt, konnten die Verfolger jedoch nie zu Gesicht bekommen, sie blieben immer gerade am Rande der Wahrnehmung, eine dunkle Bedrohung. Ein Zustand, der einen schon nervös machen kann. Dann sahen wir Flammen am Horizont und hörten Hufgetrappel.

Als wir wieder zu uns kamen, hörten wir tatsächlich Hufschläge. Es war irgendwann in den frühen Morgenstunden. Rasch löschte ich die Reste unseres Lagerfeuers und sah zu, daß wir und die Pferde uns in die Büsche zurückzogen. Ich spannte meinen Bogen auf und legte einen Pfeil auf die Sehne. Auch die anderen machten sich vorsichtshalber kampfbereit und warteten. Aus dem Morgennebel schälten sich schließlich drei Reiter, die eindeutig auf uns zuhielten. Ich schoß einen Warnpfeil auf den vordersten Reiter ab. Doch das führte nur dazu, daß die Reiter ausfächerten. Inzwischen wurde erkennbar, daß es sich um Banditengesindel handelte, zwei Bogenschützen und ein Schwertkämpfer. Ich schoß auf einen der Bogenschützen und traf, allerdings holte ihn das nicht aus dem Sattel. Die Banditen schienen entschlossen, uns niederzureiten, also trat Bayantu ihnen geduckt mit dem Speer im Anschlag entgegen und legte sich mit dem Schwertkämpfer an, während ich den einen Bogenschützen weiter unter Feuer nahm. Seinem Pfeil konnte ich nicht mehr ausweichen, aber glücklicherweise blieb er mir im Fell hängen...

Jalna übernahm den zweiten Bogenschützen und Symos hielt sich noch im Hintergrund. Dann hatte das Gesindel plötzlich genug und drehte ab - doch leider entdeckten wir jetzt auch warum: ein vierter Gegner hatte sich unbemerkt von der anderen Seite genähert und zog soeben mit unseren Pferden ab! Symos warf (wohl bemerkt: warf!) ihm noch sein riesiges Langschwert nach und traf einen in den Rücken, holte damit den vierten Reiter aber nicht mehr vom Pferd. Erstaunlicherweise kehrte das Schwert danach in Symos' Hand zurück. Talente besaß der Kerl... Wutentbrannt und zu Fuß machten wir uns an die Verfolgung der Pferdediebe. So etwas konnten wir uns doch nicht bieten lassen! Zogen selbst die größten und schwierigsten Aufgaben durch, blufften uns durch alle Hindernisse, nur um jetzt von ein paar Pferdedieben aufs Kreuz gelegt zu werden?! Bayantu schäumte und schwor, sich deren Köpfe zu holen...

Sobald sich am Vormittag endlich ein schwacher Aufwind fand, nahm ich die Verfolgung per Gleiter auf und fand die Diebe schließlich auf dem Weg zur Straße nach Whitewall. Den Gefährten den Weg weisend, flog ich voraus, um die Diebe durch gezielte Pfeil-Angriffe möglichst so lange aufzuhalten, so daß die Fußgänger sie einholen konnten. Es gab einige Scharmützel, aber schließlich erreichten die Diebe dennoch am Abend ein Gasthaus an der Straße, allerdings nicht, ohne zuvor wenigstens bereits Jalnas Pferd verloren zu haben. Dies sammelte ich ein und gesellte mich wieder zu den andern, die auf ihrer Reise durchs Gelände noch im Hügelland ein seltsames Phänomen entdeckt hatten. Fleckenfell hatte an einer Stelle, an der man in ein liebliches Tal voller Frühlingsblumen mit Teich sah, mit gesträubtem Fell innegehalten und sich geweigert, weiter zu gehen. Erst als Bayantu, beharrlich wie immer, die anderen vom verlockenden Rastmachen abhielt und weiterstapfte, folgte auch mein Luchs. Es war einfach keine Zeit, das näher zu untersuchen, obwohl ich auf eine Art Illusionszauber tippte, den die Diebe hinterlassen haben konnten... Zwei Stunden nach Sonnenuntergang kamen schließlich auch wir am Gasthaus an, in dem sich die Diebe bereits häuslich niedergelassen hatten und vermutlich schon nach Käufern für unsere Pferde suchten.

Bregos Gasthaus

Jalna bereitete geschwind eine neue Rolle vor, schrieb ein offizielles Pergament und betrat das Gasthaus mit Symos im verhüllten Kapuzenumhang im Gefolge. Bayantu hielt draußen die Stellung, sollte das Gesindel zu flüchten versuchen, während ich im Laufstall unsere Pferde zusammenpfiff und mit dem Stallburschen sprach. Jalna legte im Gasthaus beim Wirt den großen Auftritt hin und versuchte die Sache ohne Schlägerei im Wirtshaus zu lösen bzw. die Diebe für eine Auseinandersetzung vor die Tür zu kriegen. Einer der Pferdediebe schwang wohl gerade Reden von unheiligen Dämonenwesen, von denen sie verfolgt gewesen seien mit Flügeln und flammenden Blitzen - meinte der etwa mich, meinen Gleiter und meine Pfeile? - so redete man doch nicht über Leute, nicht mal über "Barbaren" wie mich! Der Typ war jedenfalls deutlich angetrunken. Ein Priester interessierte sich sowohl für diese Dämonengeschichte, als auch für Jalnas gefälschte Legitimation und mischte sich dann schlichtend in die Angelegenheit. Nevarin, so lautete sein Name, erreichte gemeinsam mit Jalna, daß wir die Pferde ohne Prügelei und Widerstand zurückerhielten. Am Ende erhielten wir vom Priester noch zusätzlich als Aufwandsentschädigung für den Ärger (auf der Jalna hartnäckig bestanden hatte) ein Amulett aus Jadestücken mit einem für uns unlesbaren und unbekannten Zeichen darauf und dem orakelhaften Spruch: "zeigt es den richtigen Leuten und ihr werdet erhalten, was euch zusteht..."

Mir war im Stall ein weiteres Pferd aufgefallen, das mir seltsam bekannt vorkam, und auch Fleckenfell kannte es: der Graue stammte aus den Ställen der Herrin vom Tigerberg. Ich erkundigte mich gerade beim Stallburschen nach seinem Besitzer, als der hochgewachsene junge Mann wie gerufen zu uns allen in den Stall trat. Er hatte die Szene mit Jalna im Gasthaus aufmerksam verfolgt und war ihm dann in den Stall gefolgt. Man machte sich bekannt und erfuhr, daß Taeras im Auftrag von Indis zu unserem Empfang ausgeschickt worden war. Er kannte uns der Beschreibung nach und schloß sich uns an. Wir machten einen eiligen Abgang, der Teil der unblutigen Abmachung gewesen war, stockten voher noch unsere Vorräte auf und lagerten dann zwei Stunden entfernt vom Gasthaus mit unseren Pferden in der Wildnis. Diesmal schoben wir abwechselnd Wache! Denn die Diebe mochten sich noch einmal versuchen, und auch der Priester hatte sehr hellhörig auf die Geschichten der Diebe über uns reagiert und deswegen Jalna erfolglos auf den Zahn gefühlt. Wer weiß, wen der über uns informieren mochte...

Auch Taeras zählt zu den Exalted wie wir und gehört zur Dawn-Kaste, wie er schließlich einräumte, nachdem wir ihn ein bißchen aushorchten. Taeras hatte eins von den "Schaukelpferdchen" aus Indis' Stall bekommen, mit viel Intelligenz, woraus ich schloß, daß er kein guter Reiter war - er kam aus Whitewall und bestärkte uns darin, um diese Stadt weiterhin einen Bogen zu machen, da seine Abreise von dort einigen Aufruhr verursacht zu haben schien. Taeras hatte außerdem ein großes goldenes magisches Langschwert, aber nicht so groß wie das von Symos. Doch welche Fähigkeiten in diesem Artefakt stecken mochten, blieb uns einstweilen noch verborgen. Eben dieses Schwert und eine verunglückte Übergabe an einen neuen Besitzer hatten zu Taeras Flucht aus Whitewall geführt. Immerhin, es war unser Vorteil, wir gewannen mit ihm einen weiteren Verbündeten - aber ob er wirklich unsere visionshafte Vergangenheit mit uns teilte und damit genau zu unserer alten Truppe gehörte oder überhaupt zu uns passte, musste sich noch zeigen oder sich in einer Vision offenbaren.

Wiedersehen am Tigerberg

Wir machten noch einen kleinen Umweg, um unser zurückgelassenes Gepäck vom Fluß an der Grenze zum toten Land wieder auszugraben und aufzuladen, mit dem wir uns bei der Verfolgung der Pferdediebe nicht hatten beschweren wollen, und kamen schließlich mit drei Tagen Verspätung am Tigerberg an. Wir wurden immer noch von unruhigen Träumen von Verfolgung durch eine Finsternis geplagt, aber das schoben wir auf den irgendwo zu Recht erbosten Totenfürst und wandten unsere Aufmerksamkeit lieber dem wirklich ergreifenden Wiedersehen zwischen Symos und Indis zu. Die beiden sahen sich an, bekamen zornfunkelnde Augen, Symos rief: "DU!" und dann begannen sie sich auf der Stelle anzugiften wegen irgendwelcher alter Geschichten: kein Zweifel, diese beiden kannten sich gut und amüsierten sich prächtig. Wir waren erst mal Nebensache und quasi abgemeldet. Ich konnte nun auch das Stilett unbenutzt an Indis zurückgeben und bedauerte ein wenig, diese Waffe nicht behalten zu können für einen etwagigen sonstigen Einsatz.

Sveras war auch wieder vor Ort, aber im Aufbruch nach Norden. Wir besprachen eine mögliche gemeinsame Reise bis ans Meer, um uns auf die Inseln einzuschiffen und nach der Freistatt von Kasaan zu suchen, von der Symos erzählt hatte. Ich mochte außerdem Sveras' ruhige Gesellschaft und hoffte, noch ein wenig von ihm lernen zu können. Symos würde einstweilen bei Indis bleiben, um ganz zu seinem früheren Selbst zurückzufinden und sich neu zu orientieren über die Zeit, die er im Stab quasi verschlafen hatte. Meine Vision von der Balkonszene in Nine Stones wurde nun nachträglich auch klarer: der Stab mit der Seele schien die ganze Zeit eine Verbindung zum Körper behalten zu haben und so hatte die Vision mir aus der Perspektive von Symos Körper quasi seinen Standpunkt neben dem Totenfürsten offenbart. Darauf hätten wir auch eher kommen können... naja. Es ging ja auch so alles noch gut aus. Aber über die Pferdediebe würden wir uns noch eine ganze Weile ärgern, vor allem Bayantu tat sich anscheinend schwer, auf die Köpfe der Bande zu verzichten... Wer weiß, vielleicht kamen sie uns ja noch mal an einem weniger belebten Ort in die Quere.


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