rauf
#12. Tod und Spiele
gespielt am 12. Januar 2003
Nachts in einer fremden Stadt...
Da wir die Lüftungsschächte, Fensterritzen und Türspalten eh schon mit Zeug verstopft hatten, um uns hier in der Höhle des Löwen - pardon, des Fürsten der Finsternis - vor Zugluft bzw. unliebsamen Zuhörern zu schützen, konnten wir trotz der Anwesenheit von 723 vor der Tür einigermaßen ungestört über unser Vorgehen laut nachdenken. Wir nahmen nach dem Besuch im Tempel in unserem Quartier eine neue Peilung mit dem Stab vor, und anscheinend war der Körper, den wir suchten, nachts in Bewegung. Alle anderen Peilungen hatten wir bisher tagsüber unternommen. Daraus war zu schließen, daß Symos' Körper doch als Zombie mit einer fremden Seele in halblebendem Zustand herumlief. Hoffentlich klappte die Austreibung...
Doch vorerst streckte 723 nach höflichem Klopfen seinen Kopf zur Tür rein und bat uns, ihn zu den Meistern der Zeremonie zu begleiten.
Die Palastbürokratie von Nine Stones
Wir wurden, da wir um eine Audienz beim Fürsten von Nine Stones ersucht hatten, vor den Zeremonienmeister für die Spiele geführt. Dieser hielt Hof in einem kleinen Zimmer, vor dem eine schier endlose Schlange von Leuten unterschiedlich abgerissenen Aussehens wartete, an der wir vorbei direkt zu ihm geführt wurden. Er stellte sich nicht einmal mit Namen vor. Neben ihm saß eine Mumie, die sich bereits einige Stufen weit in der Verwesung befand und deren Knochen beim Schreiben leise klapperten.
Jalna pokerte auf Infos, aber er und der Meister belauerten sich gegenseitig. Der Typ trug eine Maske auf dem Kopf, so daß sein Mienenspiel verborgen blieb. Dennoch hätte Jalna hinterher schwören mögen, daß er sich eins über uns 'reingegrinst hatte. Es ging jedenfalls um die Anmeldung eines Kämpfers für die zeremoniellen Spiele am morgigen Tag/Abend, für die all die Pilger, und ja auch wir (in unserer Tarnung) als Bestandteil der Festivitäten in die Stadt gekommen waren. Wir bekamen zwar nicht raus, worum es dabei genau ging, aber Bayantu wurde von Jalna als Kämpfer angemeldet, bekam eine Plakette als Ausweis und sollte sich ab morgen Mittag bereit halten. Als wir nach dem Plural der Meister der Zeremonie fragten, wollte man uns noch zum Meister der Opfer schicken, allerdings wies man Jalna rechtzeitig darauf hin, daß er sein sorgfältig ausgewähltes Gefolge sicherlich nicht opfern wollte (ich bekam einen fürchterlichen Hustenanfall) - deshalb verzichteten wir auf weitere Besuche in der Palast-Hierarchie, nicht ohne mit einem hörbaren Schmunzeln noch vom Meister der Spiele für den übernächsten Tag zum Tee eingeladen zu werden... Ich war froh, daß uns Jalna nicht unserer Tarnung wegen noch zum Zeremonienmeister für die Opferungen schleppte und mir so die Teilnahme an den Opferzeremonien ersparte...
Nach diesem Besuch überließ ich es den anderen, sich um den morgigen Tag zu sorgen und versuchte, mich möglichst gründlich auszuschlafen.
Brot und Spiele
Am frühen Morgen weckte mich Fleckenfell, der etwas Seltsames im inneren Rund der hohlen Hügelstadt beobachtet hatte: Die numerierten Diener streuten ein neunblättriges riesengroßes Blütenmuster mit farbigem Sand auf den Boden und grenzten so verschiedene Bereiche der Stadt für verschiedene Aktivitäten für die Spiele ab. Außerdem wurden unterhalb der großen Balkone mehrere Podeste errichtet.
Ich ging mich ein wenig umsehen, weckte dann die anderen und bestellte das Frühstück. Danach versuchte Bayantu kurz etwas mehr über die Spiele bei den 'rumlaufenden Dienern in Erfahrung zu bringen, um sich entsprechend besser vorbereiten zu können, aber ohne Erfolg. Er erfuhr lediglich, daß es sich um Rangkämpfe für die Armee des Fürsten handeln würde. Er würde erst in der vorletzten Runde dazustoßen, da man ihn eher für Offiziersmaterial eingestuft hatte durch das Auftreten "unseres Herrn" Jalna als reicher Patrizier. Daraufhin bereitete er sich meditativ auf die Entscheidungskämpfe vor und wir überlegten, ob wir ihn noch irgendwie unterstützen konnten.
Unsere Vermutung war inzwischen (da der Herrscher ebenfalls eine Eisenmaske trug wie seine Bürokraten), er möglicherweise derjenige war, der den Körper von Symos "geliehen" hatte. Das hieß wohl, daß jeder, der zu seinem Armeegeneral aufstieg, tendenziell eine größere Chance hatte, nah mit unserem Stab an ihn heran zu kommen, als ein einfacher Soldat. So gesehen wurde Bayantus Teilnahme plötzlich nicht mehr nur zur politischen Notwendigkeit, sondern unterstützte auch unser Vorhaben.
Jalna hatte die brilliante Idee, noch einmal mit dem Stab zu kommunizieren und ihn um Unterstützung für Bayantus Kampf zu bitten. Ich versuchte mich daraufhin einzustimmen und bekam schließlich eine klare Vision, in der ich Bayantu mit dem Speer in der einen und dem Stab in der anderen Hand erfolgreich kämpfen sah. Wir überlegten, wie das zu realisieren wäre, da der Speer zweihändig geführt wurde. Schließlich befestigten wir den Stab einfach am Speer, weil der Handkontakt zum Stab uns das wichtigste schien.
Die Kämpfe
Bayantu wurde zur passenden Stunde durch einen Diener abgeholt und in die Arena gebracht, während Jalna sich auf der Galerie unter den Leuten umsah und Wetten auf Bayantus Erfolg abzuschließen begann. Ich bezog Stellung in der Nähe des großen Balkons, wo vermutlich der Fürst der Finsternis erscheinen würde.
Die ersten Kämpfe waren wirklich nur ein Abschlachten, diese Leute waren keine Soldaten. Doch die Kämpfer wurden langsam besser, und schließlich wurde auch Bayantu auf den Platz geführt. Sein erster Gegner war von den vorigen Kämpfen bereits erschöpft. Trotzdem hielt er sich erstaunlich lange gegen Bayantu, es war ein interessanter Kampf, der die Wetten in die Höhe trieb. Jalna machte letztlich einen guten Gewinn, als der Champion des Patriziers aus der Zeltstadt in der 8.Runde unterlag. Für Bayantu gab es eine Runde Verschnaufpause nach jedem Kampf.
Sein nächster Gegner war ausgebildeter Soldat, vorsichtig umkreisend versuchte er in einem langsamen, aber aggressiven Beginn Bayantu einzuschätzen. Leider verrechnete er sich dabei in der Reichweite seines großen Schwertes und Bayantu schaffte es irgendwie in den Schlag zu tauchen und mit der verdoppelten und verstärkten Kraft seines gespitzten Speers den Gegner fast gänzlich zu köpfen. Der dritte Gegner entpuppte sich als Profiduellist mit Messern, dem Bayantu dreimal elegant auswich und ihn dann erstach.
Nach diesem leichten Sieg wurde es scheinbar für Jalna schwieriger, noch gute Wetten für Bayantu zu bekommen. Die wettenden Umstehenden auf der Galerie (offenbar der hiesige Landadel), die ihre Champions dort unten in den Kampf schickten, schätzten die Lage neu ein.
Der Fürst der Finsternis war inzwischen auf seinen Aussichtsbalkon getreten. Hier in der Nähe bekam ich gerade mit, wie Bayantu von seinem vierten Gegner ziemlich in Bedrängnis gebracht wurde. Aber dann begann Bayantu im Ernst zu kämpfen, fintete und sprang herum wie eine Ziege - es sah nicht mehr so ganz natürlich aus, er schien einige seiner besonderen Fähigkeiten zu benutzen. Dreimal gelang es ihm in letzter Sekunde noch, seinen Speer als zur Abwehr zwischen sich und das Langmesser des Gegners zu bringen. Trotzdem verlor er an Boden und wurde zweimal getroffen. Erst in der 12. Runde gelang ihm der entscheidende Gegentreffer. Nach diesem zähen Kampf salutierte Bayantu seinem toten Gegner und ich machte mir etwas Sorgen über seine blutende Seite, mit der er vom Platz humpelte. Der Fürst war - mit seinem militärischen Bodyguard auf der einen und seiner weiblichen Ratgeberin auf der anderen Seite - interessiert nach vorne an den Rand seines Balkons getreten.
Finale
Der Finalkampf fand direkt unter dem Balkon des Fürsten statt. Bayantus Gegner war durch die Ausscheidungskämpfe ebenfalls schon angeschlagen. Sein Ziel schien, auf eine Gelegenheit zu spielen, um den Kampf mit einem großen Messer schnell für sich zu entscheiden. Die Umgebung begann sich schon seit einiger Zeit magisch aufzuladen, der Boden summte und die Luft schien wie von einem Hitzeflimmer durchzogen, der Himmel verfinsterte sich zusehens. Plötzlich stolperte Bayantus Gegner, lag am Boden, schaffte es noch einmal sich unter dem zustoßenden Speer hervorzurollen, aber der zweite Stoß saß im Ziel.
Er hatte es geschafft und auch diesen Kampf für sich entschieden. Aber ich machte mir große Sorgen, weil es sehr knapp ausgesehen hatte und Bayantu schon deutlich schwankte. In der Pause wurde ihm Tee serviert, doch anscheinend schmeckte er nicht.
Es begannen nun Trommeln zu schlagen, einen langsamen tranceartigen hypnotischen Rhythmus, als der letzte Gegner, der militärische Begleiter des Schattenfürsten vom Balkon selbst die Arena betrat. Eine große Stille entstand, alle Wettgespräche verstummten, und man konzentrierte sich gänzlich auf das Geschehen in der Arena. Alles schien die Luft anzuhalten, als mir siedend heiß einfiel, daß, wenn Bayantu es schaffen sollte, an den Fürsten heranzukommen, wir nach Abschluss der Kämpfe möglicherweise einen schnellen Abgang machen mußten. Daher sprintete ich zu den Ställen, Fleckenfell im Gefolge, und sattelte die Pferde, packte unsere Ausrüstung zusammen und verschnürte alles abreisebereit, bat meinen Luchs, auf die Sachen zu achten und stürmte wieder auf die Galerie, um Jalna zu informieren. Ich schaffte es gerade rechtzeitig, um den Kampfbeginn mitzuerleben.
Eclipse
Der General des Schattenfürsten trug eine prächtige schwarze Rüstung, einen riesigen Helm und einen großes, schwarzes Zweihand-Schwert. Er war ein ausgeruhter Gegner. Doch als er den Helm abnahm, stockte uns dreien der Atem: es war Symos! So, wie wir ihn aus unserer Vision in Erinnerung hatten! Er zog die Rüstung für den Kampf komplett aus, um Bayantu ebenbürtig entgegenzutreten. Ich machte mich im ersten Stock auf der Galerie hinter den Podesten mit den Toten sprungbereit, um jederzeit in das Geschehen eingreifen zu können, während Jalna bereits zu den Pferden lief. Der Sprung war nicht so tief und ich würde hinter dem Podium einen Teil der Strecke Deckung haben, bevor ich in den Aufmerksamkeitsbereich des Publikums geriet, das ganz auf die beiden Kämpfer konzentriert war. Wie gut, daß Bayantu den Stab hatte!
Die zwei nahmen jetzt Aufstellung, und Bayantu trennte in einer großen Geste Speer und Stab voneinander, wie in meiner Vision, und trat Symos' Körper mit je einer Waffe in jeder Hand gegenüber. Dieser setzte zu einem mächtigen Schlag an, Bayantu legte alles in den Block dieses Angriffs und tauchte unter dem Schlag weg, um seinen Gegner mit dem Stab zu berühren. Symos' Körper durchfuhr ein Ruck, er stand starr, und das war mein Stichwort. Während in ihm die Seelen miteinander um Vorherrschaft rangen, sprang ich in die Arena, lief auf ihn zu und rief die entscheidende Passwortfrage:
"Wie ist dein wahrer Name?" - und Symos antwortete: "Taykandur Symos!"
Göttin sei Dank, er war es, endlich wieder mit seiner wahren Seele vereint stand er vor uns, umgeben von einem plötzlichen Lichtausbruch, als der Himmel über uns aufriß, den Blick auf eine Sonnenfinsternis freigab. Ich steckte das bereits gezogene magische Stilett wieder weg, froh, es nicht benutzen zu müssen. Symos umgab eine leuchtende Aura, auf seiner Stirn erschien das Zeichen der Eclipse der Exalted, und der Stab explodierte in einem so hellen Lichtspektakel, daß Bayantu, der noch immer vor Symos kniete, ebenso wie ich für einen Moment komplett geblendet war.
Langsam hob Symos sein schwarzes Schwert gegen den Himmel und es wurde golden von der Spitze herunter. Vom Balkon des Fürsten waberte daraufhin eine schwarze Finsternis in die Arena , als Symos sich in diese Richtung drehte und dem Fürsten Schwert und Stinkefinger präsentierte. Ich rief ein "Ab durch die Mitte!!" und glücklicherweise folgten mir beide bei meinem Sprint aus der Arena, während ringsum die Toten auferstanden. Dies war ein großangelegtes Auferstehungs-Ritual für die Totenarmee des Fürsten, das wir gerade empfindlich gestört hatten, wie ich endlich verstand. Wir hatten aber nicht nur das Ritual gestört, sondern raubten dem Fürsten soeben noch seinen besten General... Kein Wunder, daß er aufgebracht war! Bayantu folgte Symos und mir etwas langsamer, aber er kam zurecht.
Die Wachen an den Eingangstoren waren so überrumpelt von dem Geschehen, daß sie keinen Widerstand leisteten. Wir kamen ungehindert zu unseren Pferden (ich hatte schon vorsorglich eins für Symos mitgesattelt), schwangen uns auf und preschten aus der Stadt. Hinter uns waberte die Finsternis in Verfolgung, erreichte uns aber nicht, während die Sonnenfinsternis am Himmel ihrem Ende entgegen ging.
Wir ritten den ganzen Abend durch bis zum Fluß, und mit dem letzten Sonnenstrahl überquerten wir die Grenze des toten Landes. Lachend und erleichtert sahen wir uns an, glücklich, dieses Abenteuer so gut überstanden zu haben. Jalna bedauerte zwar ernsthaft, in der Eile seine letzten Wetteinsätze nicht mehr kassiert haben zu können, aber sonst war alles in Ordnung und ich freute mich auf das Wiedersehen mit der Hexe im Tigerberg. Die nächste Rast würde hoffentlich der Beginn einer langen Reihe von interessanten Gesprächen sein, die ich (und die anderen vermutlich auch) mit Symos über unsere gemeinsame Vergangenheit führen wollte...
rauf
#13. Rückkehr zum Tigerberg
gespielt am 2. Februar 2003
Abendlager mit Vision und Überfall
Sobald wir den Grenzfluß zum toten Land überquert hatten, suchten wir uns eine blickgeschützte Lagerstätte am Ufer. Symos war immer noch ziemlich mit der Orientierung im Hier und Jetzt ("Wann bin ich, wo bin ich und warum?") beschäftigt, und Jalna half ihm dabei, so gut er konnte. Ich erzählte ihm von den Visionen und unserer Beziehung zu Indis, der Herrin vom Tigerberg und hoffte, etwas über seine Beziehung zu ihr und uns herauszufinden. Aber nichts dergleichen. Das Einzige, was wir seinen Fragen noch entnehmen konnten, war, daß es mal eine Freistatt mit einem Solar namens "Kasaan" als Herrscher gegeben hatte, die auf jeden Fall noch existieren müsste, irgendwo auf einer Insel im Weißen Meer weit im Osten. Somit hatten wir ja schon wieder einen Aufhänger für unsere noch strittigen Zukunftspläne... auch wenn Jalna beim Gedanken an eine Seereise schon übel wurde - Landratte!
Kaum hatten wir jedoch unser Lager aufgeschlagen und etwas Warmes aus unseren Vorräten im Bauch, als uns eine weitere Vision umfing, wodurch wir gar nicht dazu kamen, einen Wachplan zu machen, sondern einfach peinlicherweise vom Schlaf übermannt wurden...
Diesmal waren wir auf einer Ebene im treibenden Schnee, fühlten uns verfolgt, konnten die Verfolger jedoch nie zu Gesicht bekommen, sie blieben immer gerade am Rande der Wahrnehmung, eine dunkle Bedrohung. Ein Zustand, der einen schon nervös machen kann. Dann sahen wir Flammen am Horizont und hörten Hufgetrappel.
Als wir wieder zu uns kamen, hörten wir tatsächlich Hufschläge. Es war irgendwann in den frühen Morgenstunden. Rasch löschte ich die Reste unseres Lagerfeuers und sah zu, daß wir und die Pferde uns in die Büsche zurückzogen. Ich spannte meinen Bogen auf und legte einen Pfeil auf die Sehne. Auch die anderen machten sich vorsichtshalber kampfbereit und warteten. Aus dem Morgennebel schälten sich schließlich drei Reiter, die eindeutig auf uns zuhielten. Ich schoß einen Warnpfeil auf den vordersten Reiter ab. Doch das führte nur dazu, daß die Reiter ausfächerten. Inzwischen wurde erkennbar, daß es sich um Banditengesindel handelte, zwei Bogenschützen und ein Schwertkämpfer. Ich schoß auf einen der Bogenschützen und traf, allerdings holte ihn das nicht aus dem Sattel. Die Banditen schienen entschlossen, uns niederzureiten, also trat Bayantu ihnen geduckt mit dem Speer im Anschlag entgegen und legte sich mit dem Schwertkämpfer an, während ich den einen Bogenschützen weiter unter Feuer nahm. Seinem Pfeil konnte ich nicht mehr ausweichen, aber glücklicherweise blieb er mir im Fell hängen...
Jalna übernahm den zweiten Bogenschützen und Symos hielt sich noch im Hintergrund. Dann hatte das Gesindel plötzlich genug und drehte ab - doch leider entdeckten wir jetzt auch warum: ein vierter Gegner hatte sich unbemerkt von der anderen Seite genähert und zog soeben mit unseren Pferden ab! Symos warf (wohl bemerkt: warf!) ihm noch sein riesiges Langschwert nach und traf einen in den Rücken, holte damit den vierten Reiter aber nicht mehr vom Pferd. Erstaunlicherweise kehrte das Schwert danach in Symos' Hand zurück. Talente besaß der Kerl... Wutentbrannt und zu Fuß machten wir uns an die Verfolgung der Pferdediebe. So etwas konnten wir uns doch nicht bieten lassen! Zogen selbst die größten und schwierigsten Aufgaben durch, blufften uns durch alle Hindernisse, nur um jetzt von ein paar Pferdedieben aufs Kreuz gelegt zu werden?! Bayantu schäumte und schwor, sich deren Köpfe zu holen...
Sobald sich am Vormittag endlich ein schwacher Aufwind fand, nahm ich die Verfolgung per Gleiter auf und fand die Diebe schließlich auf dem Weg zur Straße nach Whitewall. Den Gefährten den Weg weisend, flog ich voraus, um die Diebe durch gezielte Pfeil-Angriffe möglichst so lange aufzuhalten, so daß die Fußgänger sie einholen konnten. Es gab einige Scharmützel, aber schließlich erreichten die Diebe dennoch am Abend ein Gasthaus an der Straße, allerdings nicht, ohne zuvor wenigstens bereits Jalnas Pferd verloren zu haben. Dies sammelte ich ein und gesellte mich wieder zu den andern, die auf ihrer Reise durchs Gelände noch im Hügelland ein seltsames Phänomen entdeckt hatten. Fleckenfell hatte an einer Stelle, an der man in ein liebliches Tal voller Frühlingsblumen mit Teich sah, mit gesträubtem Fell innegehalten und sich geweigert, weiter zu gehen. Erst als Bayantu, beharrlich wie immer, die anderen vom verlockenden Rastmachen abhielt und weiterstapfte, folgte auch mein Luchs. Es war einfach keine Zeit, das näher zu untersuchen, obwohl ich auf eine Art Illusionszauber tippte, den die Diebe hinterlassen haben konnten... Zwei Stunden nach Sonnenuntergang kamen schließlich auch wir am Gasthaus an, in dem sich die Diebe bereits häuslich niedergelassen hatten und vermutlich schon nach Käufern für unsere Pferde suchten.
Bregos Gasthaus
Jalna bereitete geschwind eine neue Rolle vor, schrieb ein offizielles Pergament und betrat das Gasthaus mit Symos im verhüllten Kapuzenumhang im Gefolge. Bayantu hielt draußen die Stellung, sollte das Gesindel zu flüchten versuchen, während ich im Laufstall unsere Pferde zusammenpfiff und mit dem Stallburschen sprach. Jalna legte im Gasthaus beim Wirt den großen Auftritt hin und versuchte die Sache ohne Schlägerei im Wirtshaus zu lösen bzw. die Diebe für eine Auseinandersetzung vor die Tür zu kriegen. Einer der Pferdediebe schwang wohl gerade Reden von unheiligen Dämonenwesen, von denen sie verfolgt gewesen seien mit Flügeln und flammenden Blitzen - meinte der etwa mich, meinen Gleiter und meine Pfeile? - so redete man doch nicht über Leute, nicht mal über "Barbaren" wie mich! Der Typ war jedenfalls deutlich angetrunken. Ein Priester interessierte sich sowohl für diese Dämonengeschichte, als auch für Jalnas gefälschte Legitimation und mischte sich dann schlichtend in die Angelegenheit. Nevarin, so lautete sein Name, erreichte gemeinsam mit Jalna, daß wir die Pferde ohne Prügelei und Widerstand zurückerhielten. Am Ende erhielten wir vom Priester noch zusätzlich als Aufwandsentschädigung für den Ärger (auf der Jalna hartnäckig bestanden hatte) ein Amulett aus Jadestücken mit einem für uns unlesbaren und unbekannten Zeichen darauf und dem orakelhaften Spruch: "zeigt es den richtigen Leuten und ihr werdet erhalten, was euch zusteht..."
Mir war im Stall ein weiteres Pferd aufgefallen, das mir seltsam bekannt vorkam, und auch Fleckenfell kannte es: der Graue stammte aus den Ställen der Herrin vom Tigerberg. Ich erkundigte mich gerade beim Stallburschen nach seinem Besitzer, als der hochgewachsene junge Mann wie gerufen zu uns allen in den Stall trat. Er hatte die Szene mit Jalna im Gasthaus aufmerksam verfolgt und war ihm dann in den Stall gefolgt. Man machte sich bekannt und erfuhr, daß Taeras im Auftrag von Indis zu unserem Empfang ausgeschickt worden war. Er kannte uns der Beschreibung nach und schloß sich uns an. Wir machten einen eiligen Abgang, der Teil der unblutigen Abmachung gewesen war, stockten voher noch unsere Vorräte auf und lagerten dann zwei Stunden entfernt vom Gasthaus mit unseren Pferden in der Wildnis. Diesmal schoben wir abwechselnd Wache! Denn die Diebe mochten sich noch einmal versuchen, und auch der Priester hatte sehr hellhörig auf die Geschichten der Diebe über uns reagiert und deswegen Jalna erfolglos auf den Zahn gefühlt. Wer weiß, wen der über uns informieren mochte...
Auch Taeras zählt zu den Exalted wie wir und gehört zur Dawn-Kaste, wie er schließlich einräumte, nachdem wir ihn ein bißchen aushorchten. Taeras hatte eins von den "Schaukelpferdchen" aus Indis' Stall bekommen, mit viel Intelligenz, woraus ich schloß, daß er kein guter Reiter war - er kam aus Whitewall und bestärkte uns darin, um diese Stadt weiterhin einen Bogen zu machen, da seine Abreise von dort einigen Aufruhr verursacht zu haben schien. Taeras hatte außerdem ein großes goldenes magisches Langschwert, aber nicht so groß wie das von Symos. Doch welche Fähigkeiten in diesem Artefakt stecken mochten, blieb uns einstweilen noch verborgen. Eben dieses Schwert und eine verunglückte Übergabe an einen neuen Besitzer hatten zu Taeras Flucht aus Whitewall geführt. Immerhin, es war unser Vorteil, wir gewannen mit ihm einen weiteren Verbündeten - aber ob er wirklich unsere visionshafte Vergangenheit mit uns teilte und damit genau zu unserer alten Truppe gehörte oder überhaupt zu uns passte, musste sich noch zeigen oder sich in einer Vision offenbaren.
Wiedersehen am Tigerberg
Wir machten noch einen kleinen Umweg, um unser zurückgelassenes Gepäck vom Fluß an der Grenze zum toten Land wieder auszugraben und aufzuladen, mit dem wir uns bei der Verfolgung der Pferdediebe nicht hatten beschweren wollen, und kamen schließlich mit drei Tagen Verspätung am Tigerberg an. Wir wurden immer noch von unruhigen Träumen von Verfolgung durch eine Finsternis geplagt, aber das schoben wir auf den irgendwo zu Recht erbosten Totenfürst und wandten unsere Aufmerksamkeit lieber dem wirklich ergreifenden Wiedersehen zwischen Symos und Indis zu. Die beiden sahen sich an, bekamen zornfunkelnde Augen, Symos rief: "DU!" und dann begannen sie sich auf der Stelle anzugiften wegen irgendwelcher alter Geschichten: kein Zweifel, diese beiden kannten sich gut und amüsierten sich prächtig. Wir waren erst mal Nebensache und quasi abgemeldet. Ich konnte nun auch das Stilett unbenutzt an Indis zurückgeben und bedauerte ein wenig, diese Waffe nicht behalten zu können für einen etwagigen sonstigen Einsatz.
Sveras war auch wieder vor Ort, aber im Aufbruch nach Norden. Wir besprachen eine mögliche gemeinsame Reise bis ans Meer, um uns auf die Inseln einzuschiffen und nach der Freistatt von Kasaan zu suchen, von der Symos erzählt hatte. Ich mochte außerdem Sveras' ruhige Gesellschaft und hoffte, noch ein wenig von ihm lernen zu können. Symos würde einstweilen bei Indis bleiben, um ganz zu seinem früheren Selbst zurückzufinden und sich neu zu orientieren über die Zeit, die er im Stab quasi verschlafen hatte. Meine Vision von der Balkonszene in Nine Stones wurde nun nachträglich auch klarer: der Stab mit der Seele schien die ganze Zeit eine Verbindung zum Körper behalten zu haben und so hatte die Vision mir aus der Perspektive von Symos Körper quasi seinen Standpunkt neben dem Totenfürsten offenbart. Darauf hätten wir auch eher kommen können... naja. Es ging ja auch so alles noch gut aus. Aber über die Pferdediebe würden wir uns noch eine ganze Weile ärgern, vor allem Bayantu tat sich anscheinend schwer, auf die Köpfe der Bande zu verzichten... Wer weiß, vielleicht kamen sie uns ja noch mal an einem weniger belebten Ort in die Quere.
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