Feuer


Ich sah das Feuer, als ich aus dem Haus kam. Es brannte auf dem Rasen, wo eigentlich kein Feuer brennen sollte. Ich beobachtete es, bis ich sicher war, daß niemand darauf Anspruch erhob. Dann trat ich es aus. Es hatte schon Brände gegeben, und ich brauchte an diesem Tag keinen weiteren. Ich wunderte mich noch, während ich ging.

Der Weg zum nächsten Haus war heute besonders weit. Die Häuser sehen alle gleich aus. Leute sagen, sie unterscheiden sich in ihrer Größe, aber das kann ich weder bestätigen noch widerlegen. Es ist auch ohne Bedeutung, da man nie weiß, wo man ist, wenn man aus dem Aufzug steigt.

Der Aufzug fährt sehr langsam und ist immer sehr voll. Manchmal diffundieren die Leute durch die Wände, und ihre Taschen und Fahrräder bleiben stehen. Ich weiß nicht, wo sie hingehen. Die Fahrräder, meine ich.

Der Aufzug hielt nach einer Weile, die ausgereicht hätte, mich in den dreizehnten Stock zu bringen. (Ich habe aber noch nie etwas von einem dreizehnten Stock gehört.) Ich verließ ihn durch die Tür und sah das Feuer auf dem Rasen brennen. Also trat ich es aus, diesmal ohne mich groß um seinen Besitzer zu kümmern, der, jetzt sah ich es, am Rand des Lichtkreises hockte.

Meine Freundin (die ich hatte besuchen wollen) hält einen Wolf auf dem Balkon. Bei Vollmond verwandelt er sich in einen Menschen. (Wie sie das aushält, ist mir schleierhaft.) Bei Neumond geht sie mit ihm in den Wald, der das Viertel umgibt, und läßt ihn dort von der Leine. Von meinem Fenster aus sehe ich sie beide laufen.

Ihnen gelingt es immer, die Wälder zu finden. Ich glaube, der Wolf weiß den Weg Als ich einmal mit ihr in die Wälder gehen wollte, fanden wir nur Häuser.

"Du solltest hier kein Feuer anmachen", sagte ich zu dem Jungen, den ich jetzt in der Dunkelheit nicht mehr sah. "Die Häuser brennen zu leicht." Er sagte: "Aber ich muß ein Lied darüber schreiben."

Trotzdem durfte er das Viertel nicht abbrennen. Ich wohne nicht gerne hier - niemand tut das - aber sonst gibt es nichts. "Schreib dein Lied in den Wäldern", sagte ich. Er sah mich an als sei ich verrückt. "Was für Wälder?" Sie waren weit fort an diesem Tag und er wohnte noch nicht lange hier. Ich habe den Verdacht, daß Leute herkommen. Aber ich weiß nicht, woher, und ich weiß nicht, wie. Ich war schon immer hier. "Wie lange bist du schon hier?" fragte ich den Jungen. Er sagte: "Immer."

Tatsächlich sah ich das Feuer nach dieser Nacht jedes Mal. Ich weiß wirklich nicht, ob es Sinn hat, es auszutreten.

 
 
 

© inge, 1990
 
Zurück zu den
Geschichten